Tag 3 der eingeschränkten Lockerungen in “D”.
Politiker, Wissenschaftler, Talkshow Moderatoren, echte und selbsternannte Experten überbieten sich in Lockerungs- und weiteren Beschränkungsnotwendigkeiten. Jeder hat auf seine Weise und speziell für seine Lobby natürlich recht….subjektiv! Die Kanzlerin weist die alle mal in die Schranken (“Diskussionssorgien”) und wird dafür erwartungsgemäß an viele Pranger gestellt.
Achimsblog versucht wieder mal zu ergründen, was hinter den Kulissen passiert. Dazu stelle ich einige Fragen:
Warum gibt es die anfangs recht rigiden Beschränkungen? Klar, man wollte die Ausbreitung bremsen. Das ist unbestritten. Die Bremse war und ist aber mitnichten ein Selbstzweck. Das eigentliche Ziel und das hat man (Frau Merkel) auch so erklärt, war den Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern. Parallel hat man die Anzahl der Intensivbetten erhöht und alles von den Krankenhäusern ferngehalten, was nicht akut lebensbedrohlich war. Alles in allem vielleicht eine Überreaktion, die damit zu erklären ist, dass bis heute niemand weiß, wie sich die Infektionszahlen, der Prozentsatz der schweren Fälle (die ins Krankenhaus müssen) und die Todesrate entwickeln. Große Unbekannte ist die Dunkelziffer. Sie kann Faktor 5 oder 10 oder 50 bis 80 sein. Eine Massenuntersuchung im Silicon Valley ergab eine Zahl von 50 bis 85. Ist das auf “D” übertragbar? Weiß niemand. Heute stand z.B. in SPON, dass die WHO überrascht sei vom geringen Durchseuchungsgrad von in “D” gerade mal 1,9% bis 3,4%. Moment mal, 1,9% von 80 Mio sind fast 1,7 Mio Leute, die COVIS-19 hatten, 3,4% sind 2,7 Mio. Das sind 18 mal mehr als die offiziell gemeldete Infiziertenzahl.
Was aber wissen wir denn? Einiges: Durch die Kontaktbeschränkungen der letzten 4 Wochen haben sich die gemeldeten Infiziertenzahlen auf 2.000 bis 4.000 pro Tag stabilisiert. Das ist nicht der wesentliche Punkt. Wesentlich ist die zur Zeit konstant 9%ige Belegung aller Intensivbetten mit Coronapatienten. Die “ZEIT” berichtete gestern, dass von 31.000 Intensivbetten 15.700 mit “normalen”, also Nicht-Corona-Patienten belegt sind und 2.900 mit schweren COVID-19 (also Corona) Patienten. Über 12.000 Betten sind frei. Es gibt eine Menge Luft nach oben. Daher können ja auch die Kontaktsperren gelockert werden. Das meinte Herr Spahn, als er sagte, die Situation sei beherrschbar.
Was wird also passieren: Unabhängig von allen notwendigen Diskussionen, wird das sog. Corona Kabinett beobachten, wie sich die schweren Fälle entwickeln. Alles andere ist aktuell zweitrangig. Es gibt mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Zielkorridor, der bei 10.000 gleichzeitig zu behandelnden schweren Fällen liegen wird. Dann gibt es immer noch eine gleich große Reserve bei den Intensivbetten und die Krankenhäuser können zusätzlich aufgeschobene Behandlungen (das sind die profitablen Operationen) durchführen. Wir werden eine Reihe von Lockerungen erleben, immer im 2-Wochen Rhythmus und die Zahl der schweren Fälle wird solange steigen, bis die 10.000 erreicht sind. Wenn es plötzlich mehr werden: Bremse rein, aber leicht. Das heißt auch, dass die gemeldeten Neuinfektionen auch auf 10.000 am Tag steigen werden und das ist dann so gewollt. ACHTUNG: 10.000 neue Fälle pro Tag heißt, dass immer 100.000 bis 150.000 Leute gleichzeitig als krank erfasst sind. Ich bin nur mal gespannt, wie Frau Merkel das erklären wird, ohne die Katze aus dem Sack zu lassen. Denn 10.000 akute schwere Fälle heißt gleichzeitig 1000 Tote pro Tag.
Was heißt das für die Dunkelziffer? Soll die möglichst niedrig oder lieber hoch sein? Ganz klar, am liebsten so hoch wie möglich. Bei einem Faktor 5 und 10.000 gemeldeten Fällen pro Tag wird es 3 Jahre dauern, bis die Herdenimmunität erreicht sein wird. (60% von 80 Mio sind 48 Mio. Also dauert es etwa 1000 Tage bei 10.000 gemeldeten Fällen mal 5). Ist die Dunkelziffer aber 50, dann sind wir in drei Monaten, also im Sommer durch.
Nochmal in Kürze: Unsere Politiker wollen viele, aber gerade nur so viele Infektionen, dass alle schweren Fälle sicher behandelt werden können. Und sie hoffen auf eine hohe Dunkelziffer. Das Warten auf Impfstoffe alleine reicht nicht aus, denn dann müssten wir noch ein ganzes Jahr auf der Bremse stehen. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.